2017 02 01, 11:36

Lieber Pawel,

ich wollte Dich wegen einer weiteren Ausstellung, die dieses Jahr im Mai stattfinden wird, um Deine Meinung bitten. Ich wurde eingeladen, einen Beitrag für die Ausstellung „Luther und die Avantgarde“ zum 500. Jahrestag der Reformation in Wittenberg zu machen. Die Ausstellung findet in einem ehemaligen Gefängnis statt: http://luther-avantgarde.de/2017/

Ich bin in einer protestantischen Familie aufgewachsen, und meine Mutter ist immer noch sehr aktiv in der Kirche, aber ich selbst bin ausgetreten, als ich Anfang Zwanzig war. Deshalb antwortete ich, dass ich nichts beitragen könne, wenn es zu Ehren von Martin Luther sein müsse. Sie antworteten, dass es eine Verbindung geben sollte, aber ich sei ansonsten komplett frei – auch kritisch zu sein.

Ich fragte die Organisatoren, welche Funktion das Gefängnis hatte. Es wurde von den Preußen gebaut, aber wie wurde es unter den Nazis und zu DDR-Zeiten genutzt? Erstaunlicherweise wussten sie es nicht! Sie mussten eine Stadthistorikerin danach fragen. Anscheinend wurde es für ‚normale’ Kriminelle genutzt und steht seit dem Ende der DDR leer. Heute ist das Gebäude verlassen und wird für die Ausstellung restauriert, allerdings nur oberflächlich.

Also dachte ich über Martin Luther nach. Ich schätze immer noch an ihm, dass er die Bibel ins Deutsche übersetzt und so allen zugänglich gemacht hat. Aber ich finde es schrecklich, wie er die armen Bauern verraten hat, indem er sich auf die Seite der Landbesitzer stellte.[1] Es war auch seiner Reaktion geschuldet, dass arme Bauern bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts Leibeigene blieben – praktisch kaum besser als Sklaven. Sie konnten sie nicht ohne das Einverständnis des ‚Besitzers’ umziehen und oft nicht einmal über ihren Ehepartner entscheiden. Und ich meine, dass ihre Forderungen nicht übertrieben waren. Sie wollten nur das ‚alte Recht’ zurück – das Recht, unter dem sie den Wald, die Seen und eine Allmende-Weide für das Vieh frei nutzen durften. Sie wollten weniger Steuern und mehr Respekt.

Also entschloss ich mich, auf die Theorie Rosa Luxemburg zurück zu greifen, die beschreibt, das es zum Wesen des Kapitalismus gehört – der zur Zeit Martin Luthers seinen Ursprung hatte – alles zu verschlingen, was frei ist und nicht von irgendwem besessen wird – wie die Wälder, Seen und Weiden, und auch all die Arbeit, die man nicht zu Geld machen kann.
Kleine Subsistenzhöfe – und auch die lokalen Apfelsorten, die nur Äpfel für lokale Apfelkuchen hervorbringen – müssen alle aufgefressen werden, um Platz zu schaffen für große Plantagen der industriellen Landwirtschaft.[2] Rosa Luxemburg hat das sehr klar gesehen. (((…)))[3]

Ich respektiere sie auch für ihre sehr warmherzigen, mitfühlenden Briefe aus dem Gefängnis. Während ihrer Zeit im Gefängnis hat sie an ihrem Herbarium weiter gearbeitet. Bevor sie Politikerin wurde, wollte sie Botanikerin werden und liebte Pflanzen sehr.

Mein Vorschlag für die Ausstellung ist also, einen Garten vor dem Gefängnis anzupflanzen, mit Pflanzen aus Rosa Luxemburgs Herbarium[4]. In diesem Garten will ich zur Erinnerung an die wilden Wälder, die einst Europa bedeckten, einen Malus sylvestris – Apfelbaum pflanzen[5]. Und einen Apfelbaum der Sorte Martin Luther[6]. Aber es wird auch viele andere Pflanzen geben, alle aus dem Herbarium – das übrigens vor ein paar Jahren in Warschau gefunden wurde (Luxemburg war polnisch). (((!!!)))

In Deutschland kennen alle Martin Luthers berühmten Ausspruch: „Und wenn die Welt morgen enden würde, würde ich heute noch einen Apfelbaum pflanzen“. Meine Recherche ergab, dass dieses Zitat in Wahrheit eine Fälschung ist. Es wurde von der protestantischen Kirche während des 2. Weltkriegs erfunden, vielleicht, um etwas Hoffnung zu geben[7]. Denn während des Krieges könnten viele Menschen gedacht haben, die Welt würde untergehen. Also wie ist das mit diesem falschen Zitat? Warum ist es so beliebt?

Ich denke nun, die Welt wird vielleicht nicht enden, wenn wir mehr als einen Apfelbaum pflanzen. Vielleicht müssen wir 1000 Bäume pflanzen, vielleicht auch eine Million. Aber wir müssen Bäume pflanzen, damit die Welt nicht endet! Ich will nicht, dass sie endet, sie ist wunderschön. Wir brauchen vielleicht auch die Hilfe von Denkern, um herauszufinden, wie wir verhindern können, dass die Welt untergeht…

Draußen wird es also den Garten geben mit den zwei Apfelbäumen. Drinnen werde ich eine nackte ‚Ewa’ mit dem Apfel Malus sieversii malen. Das Modell für ‚Ewa’ ist meine Freundin Ewa Majewska, eine Philosophin, die Rosa Luxemburg liebt und denselben Familiennamen wie ich hat (sie ist eine Polin aus Warschau, und wir sind nicht aus derselben Familie, soweit wir wissen – aber wer weiß das wirklich? Auf jedem Fall fühlen wir uns wie Cousinen!) Ewa wird auch einen Text schreiben.

Ich werde außerdem ein Doppelporträt von Rosa Luxemburg und Silvia Federici malen, einer italienischen Philosophin, die über die Hexenverfolgung in Europa geschrieben hat, und über die Arbeit von Frauen im Allgemeinen, auch zur Zeit von Martin Luther.[8] (((Silvia Federici!)))

Silvia Federici wollte außerdem ‚Commons’ wieder erschaffen – Orte, die Menschen frei gemeinsam nutzen können. Sie schrieb: „ ‘Gemeinschaft’ muss gewollt werden (…) als eine Qualität von Beziehungen, ein Prinzip der Kooperation und der Verantwortung füreinander und für die Erde, die Wälder, die Meere und die Tiere.“[9]

So- das sind eine Menge Informationen. Ich habe gezögert, sie dir zu schicken, weil ich nicht sicher bin, ob du den Vorschlag magst. Ich weiß, dass dein Vater währen des Kommunismus im Gefängnis war, und Rosa Luxemburg war auch Kommunistin. Aber ich meine, dass sie sehr idealistisch war. Ich stimme nicht allen ihren Gedanken und Texten zu. Aber ich respektiere sie sehr für ihr Engagement gegen den Krieg – den ersten Weltkrieg – und gegen den Kolonialismus, und für Frauenrechte.

Wenn du zustimmen könntest, würde ich wirklich gern noch einmal einen oder mehrere deiner Äpfel, die du mir geschenkt hast, in einer Vitrine in dem Raum mit den Bildern ausstellen.

Bitte zögere nicht, nein zu sagen, wenn die Idee dir nicht gefällt. Aber ich wäre sehr glücklich, wenn du ja sagen würdest.

Wie immer herzliche Grüße,

Antje

 

In gelb markiert von Pawel Freisler

 

Rosa Luxemburg, 12 years old Rosa Luxemburg, 1912

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

רוזה לוקסמבורג, בגיל 12 (1883)

2017 05 02, 15:06
Zwei Fotos von Rozalia L., ausgewählt … aus dem Internet … PawelFreisler (ohne Genehmigung)[10]
Unterschiedliche Sprachen – unterschiedlicher Fokus.

 

Róża Luksemburg, właśc. Rozalia Luxenburg 
(ur. 5 marca 1871 w Zamościu, zm. 15 stycznia 1919 w Berlinie)
– działaczka i ideolog polskiego ichniemieckiego ruchu robotniczego.
Z pochodzenia Żydówka, była najmłodszym z pięciorga dziecichkupca Eliasza Luxenburga
ichLiny z domu Loewenstein. Nazwisko Luksemburg to wynik błędu urzędnika. (… … …)
https://pl.wikipedia.org/wiki/R%C3%B3%C5%BCa_Luksemburg

 

Rosa Luxemburg (* 5. März 1871 als Rozalia Luksenburg in ZamośćKönigreich Polen;
† 15. Januar 1919 in Berlin) war eine einflussreiche Vertreterin der europäischen Arbeiterbewegung, des MarxismusAntimilitarismus und „proletarischen Internationalismus“. (… … …)
https://de.wikipedia.org/wiki/Rosa_Luxemburg
Rosa Luxemburg (also Rozalia LuxenburgPolishRóża Luksemburg; 5 March 1871[1] – 15 January 1919)
was a Marxist theoristphilosophereconomistanti-war activist, und revolutionary socialist
of Polish-Jewish descent who became a naturalized German citizen. She was, successively,
a member of the Social Democracy of the Kingdom of Polund und Lithuania (SDKPiL),
the Social Democratic Party of Germany (SPD), the Independent Social Democratic Party (USPD),
und the Communist Party of Germany (KPD).
From Wikipedia, the free encyclopedia
For other uses, see Rosa Luxemburg (disambiguation).

 

Liebe Antje,

natürlich habe ich meine eigenen Ergänzungen und Bemerkungen in Bezug auf deine Erzählung. Aber ich fühle mich frei, so wie du mich sein lässt.

Du darfst die Äpfel zeigen (Geschenk von mir), wie du möchtest. Sie sind deine. Es ist auch deine Wahl.

Ich befürchte, meine Abschweifungen könnten dich verstören. Sie sind zum Beispiel zur Geschichte… der polnischen Juden an der Grenze zwischen dem österreichischen und dem russischen Reich. Wenn ich mich nicht irre, war Rozalia keine russische Staatsbürgerin. Ich habe aber auch nirgends gelesen, dass sie Österreicherin gewesen wäre (aber es gab auch kein unabhängiges Polen). Wie du weißt, lebte sie in Zamość.
(Zamość ist ein herausragendes Beispiel innovativer Stadtplanung, weil es die Funktionen eines städtebaulichen Ensembles mit einer Residenz und einer Festung vereint, die im Einklang mit einem durchgehend angewendeten Renaissance-Konzept stehen). https://en.wikipedia.org/wiki/Zamo%C5%9B%C4%87
Rozalia lebte in einer jüdisch… polnischen Gesellschaft (wenn überhaupt?), die in dieser Gegend ziemlich besonders war. In Rozalias Nähe gab es Jiddisch, Deutsch, Französisch, falls ihre Familie so polnisch war, wie man sagt. Ich bin nicht sicher, ob sie zu Hause Polnisch gesprochen hat, aber sie konnte es sicher fließend. Es gab auch örtliche, stark verwurzelte Religionen: Katholizismus, Orthodoxie, Judentum, Protestantismus, Islam. () Ich weiß, dass die aschkenasischen Juden in der Stadt in der Mehrheit waren und spezielle Privilegien von den Besitzern der Stadt bekamen, der Zamojski-Familie. (Ordynacja Zamojska – so wurden die Gesamtbesitzungen der Familie genannt… Rozalias Vater hatte Verbindungen und kooperierte mit der Ordynacja). Diese Region war zur Zeit Rozalias unter russischer Herrschaft. Es gab einen kontinuierlichen, destruktiven Druck durch das Russische Reich.
Es gibt reichlich historisches (t’) Material, das nicht mit bedacht wird… interpretiert, überinterpretiert, zu wenig interpretiert und so weiter.
Wenn man Rozalias Texte liest, sollte man den gesamten Kontext ihrer Jugend kennen.

Wie du weißt, war mein Großvater mit einem polnischen Mädchen verheiratet, aber sie waren damals (1900) beide österreichische Staatsbürger. Großvater war Schlesier (aus dem Teil, der zu Österreich gehörte – in der Nähe von Mähren –und den Preußen nicht bekommen hat). Seine Familie kam aus Brosdorf, Bravantice, einem Dorf in der Nähe von Ostrava, wo dieser Teil der Freisler-Familie seit mindestens fünf Generationen lebte. Meine Großmutter stammte aus einem großen Clan mit polnischer Tradition, eine geborene Firlej-Bielańska.
Meine Großeltern lebten in Nowy Sącz. In ihrem Schlafzimmer gab es ein sehr großes Bett. Auf beiden Seiten war ein Nachttisch. Auf Großvaters Seite lag eine Bibel. Eine sehr alte. Oft gelesen und abgenutzt. Sie war auf Deutsch. Es war eine protestantische Bibel. Ich kann mich nicht erinnern, dass das in den sehr katholischen Ansichten meiner Großmutter und der Familie irgendwelche Störungen verursacht hätte. Sie hatten 8 Kinder (4 Jungen und 4 Mädchen). Alle wurden in den polnischen Traditionen erzogen, den besonderen Traditionen der Familie meiner Großmutter und der Leute, die in den Bergen wohnen, an der Grenze.

1939 war mein Vater 25 Jahre alt. Am 1. September 1939 brach der Krieg aus. Er kämpfte vom ersten Tag an. Gegen die Hitler-Deutschen und Stalins Sowjet-Reich. 1945 wurde er von den polnischen Sowjets gefangen genommen und zum Tode verurteilt. Nach ein paar Jahren wurde sein Urteil in lebenslänglich umgewandelt… er wurde 1956 nach 10 Jahren entlassen. Er lebte frei unter permanenter Überwachung, der er die ganze Zeit versuchte, zu entkommen.
Starb 1964 unter ungeklärten Umständen. Er war 49 Jahre alt.

Soll ich dir den Korb für die Äpfel schicken, den ich dir schon mal versprochen hatte?

In dem Korb? Was meinst du?

Basket by Pawel Freisler

 

 

 

 

 

 

 

Verbeugungen

Pawel

 

2017 24 02 12:39

Lieber Pawel,

ich antworte erst jetzt auf Deine A4-Seiten über Róża / Rozalia / Rosa und es tut mir leid, dass es so lange gedauert hat.

Ich könnte hinzufügen, dass mein Großvater, Helmut Majewski, geboren in Züllichau – heute Sulechów, in der Nähe von Zielona Góra – mir immer erzählte, dass in seiner Jugend ein Drittel der Stadt Polnisch sprach, ein Drittel Deutsch und ein Drittel Jiddisch. Zu Hause sprachen sie Deutsch und sein Vorname war deutsch, obwohl der Nachname polnisch ist.

Helmut Majewski ging nach Berlin, um Klavier zu studieren. Und er wurde Mitglied in der NSDAP, um in der Hierarchie der Jugendmusik (Bläsermusik) aufzusteigen. Er hat dafür auch Musik komponiert. Und er hat die Fanfarenspieler auf dem Nürnberger Reichsparteitag dirigiert.

Warum?

Seine Kinder und Enkel (ich) fragen sich das noch heute. Alte Fotos zeigen ihn als einen glücklichen jungen Mann, am Strand oder beim Flirten mit den Damen. Wie konnte er davon überzeugt werden, dass jüdische Menschen Abschaum waren und Deutsche großartig?

Er war mein Großvater und hat mir beigebracht, dass man Disziplin braucht, um Bach zu spielen. Nach dem Krieg wurde er, wie so viele Deutsche, für entnazifiziert erklärt (der sogenannte „Persil-Schein“); unterrichtete Musik an der Schule und war Organist in seiner protestantischen Kirche.

Luther war auch ein Antisemit.

So viele Male habe ich die Füße meines Großvaters dabei beobachtet, wie sie von den normalen Schuhen in die ‚Orgelschuhe’ wechselten, die längere Spitzen hatten, damit er die dritte Stimme auf der Orgel mit den Füßen spielen konnte.

Als er starb, räumte die Kirche seine Schuhe aus und legte sie vor die Tür seines Hauses. Meine Großmutter und meine Tante waren so verletzt, dass sie beschlossen, dass der Beerdigungsgottesdienst in einer anderen Kirche abgehalten werden sollte, nicht in der Kirche, in der er die Orgel gespielt und den Chor geleitet hatte, und wo auch wir, alle seine Familienmitglieder, immer zu Pfingsten als Familienorchester Pachelbel und Bach gespielt hatten (ich spielte Cello).

Ich erinnere mich, dass der Pfarrer kam, der meinen Großvater nicht gekannt hatte. Meine Tante setzte sich mit ihm hin und wies ihn an, bei der Beerdigungszeremonie auch über seinen Irrweg sprechen, ein Nazi gewesen zu sein. Aber nur verklausuliert. Zusammen bemühten sie sich, die richtigen Worte zu finden. Protestantisch sein bedeutet auch Selbsthinterfragung. Du kannst nicht einfach nicht die Wahrheit sagen. Aber die Familie wollte auch nicht dieses Wort da haben. Also fanden sie einen Mittelweg.

Mein Großvater war auch Soldat. Ich weiß nicht, ob er jemanden getötet hat. Die Russen ließen ihn gehen, weil er so gut Akkordeon spielte, dass er beweisen konnte, dass er nur ein Musiker war.

Einmal habe ich ihn gefragt, ob er wusste, was in den Konzentrationslagern vor sich ging. Und wieder log er mich nicht an. Er sagte einfach: „Als der Krieg vorbei war und wir all diese Menschen auf den Straßen sahen, wussten wir, wo sie herkamen“.

Es gab Mitglieder der protestantischen Kirche, die ihr Leben riskierten, wie Dietrich Bonhoeffer, der sagte: „Die Kirche ist den Opfern jeder Gesellschaftsordnung in unbedingter Weise verpflichtet, auch wenn sie nicht der christlichen Gemeinde angehören.“

Er und Martin Niemöller haben schon 1933 einen ‚Pfarrer-Notbund’ in Wittenberg gegründet, der die Frage nach dem Widerstand gegen die Diskriminierung von Juden zu einer grundlegenden Frage des christlichen Glaubens machte. Dies führte 1934 zur Gründung der ‚Bekennende Kirche’, die in grundlegender Opposition zum Nationalsozialismus stand.

Aber der Großteil der protestantischen Kirche folgte der Doktrin von Martin Luther, der sich zu seiner Zeit gegen den Bauernaufstand gewandt hatte: dass die Kirche sich nicht in die Angelegenheiten des Staates einmischen sollte. Das Gewissen sollte privat, nicht öffentlich sein.

Dies war dieselbe protestantische Kirche, die den Satz über das Pflanzen eines Apfelbaumes, wenn die Welt den Bach runtergeht, erfunden hatte.

Nein! Róża / Rozalia / Rosa hat gezeigt, was es bedeutet, fundamental gegen das gegenseitige Töten in einem Weltkrieg zu sein. Oder gegen die Ausbeutung einer anderen Person – die der biblische ‚Nächste’ ist, auch wenn diese Person weit weg wohnt und eine andere Hautfarbe hat.

Sie hat die Wolken beobachtet und sich um Pflanzen gekümmert, und sie hat aus ihrer Gefängniszelle ermutigende Briefe an ihre Freunde geschrieben.

Würde ich denselben Mut finden?

Herzliche Grüße, Antje

 

[1] Anders als der Reformator und Revolutionär Thomas Müntzer stellte sich Luther ab 1525 gegen die Bauern, besonders mit seiner Schrift vom 6. Mai 1525, in der er schreibt: „man soll sie zerschmeißen, würgen, stechen, heimlich und öffentlich, wer da kann, wie man einen tollen Hund erschlagen muss“. Siehe: Martin Luther (1525): Wider die Mordischen und Reubischen Rotten der Bawren
[2] „Die ökonomischen Zwecke des Kapitalismus im Kampfe mit naturalwirtschaftlichen Gesellschaften sind im einzelnen:
  1. sich wichtiger Quellen von Produktivkräften direkt zu bemächtigen, wie Grund und Boden, Wild der Urwälder, Mineralien, Edelsteine und Erze, Erzeugnisse exotischer Pflanzenwelt, wie Kautschuk usw.;
    Arbeitskräfte „frei“ zu machen und zur Arbeit für das Kapital zu zwingen;
  2. die Warenwirtschaft einzuführen;
  3. Landwirtschaft von Gewerbe zu trennen.“
Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals, 27. Kapitel: Der Kampf gegen die Naturalwirtschaft, zitiert nach: https://www.marxists.org/deutsch/archiv/luxemburg/1913/akkkap/kap27.htm
[3] „Sie stellte die allgemeine These auf, dass nur die ständige, fortgesetzte Invasion vor- und nicht-kapitalistischer Räume die kapitalistische Produktionsweise am Leben und die Kapitalakkumulation in Gang halten konnte. (…)Wie Rosa Luxemburg zeigt, führen die Kolonialmächte, die die Expansion der kapitalistischen Produktionsweise betreiben, einen wütenden Kampf gegen die lokalen Bauernökonomien, insbesondere auch gegen die ländlichen, dörflichen Industrien und Gewerbe, die seit Jahrhunderten bestehen und florieren. Die Industrialisierung der Landwirtschaft, die Einführung von Großgrundbesitz in kapitalistischer Form und die Verwandlung von Bergbau- und Agrikulturbetrieben in Weltmarktfabriken ist ein wesentliches Element dieser historischen Transformation. Zu Recht konstatiert Rosa Luxemburg hier den fundamentalen Widerspruch, der ihr den Schlüssel gibt, um die Zukunft des Imperialismus zu fassen: Der Kapitalismus braucht nicht-kapitalistische Räume, aber er zerstört sie, indem er sie für sich brauchbar macht und sie dem kapitalistischen Weltsystem einverleibt.“ Michael R. Krätke, Rosa Luxemburg und die Analyse des gegenwärtigen Kapitalismus. Vorgetragen auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz in Berlin, 16./17.01.2009
http://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/dokumentationen/090116_RL-Konferenz/beitraege/Michael_R_Kraetke.pdf
[4] Rosa Luxemburg, Herbarium. Hrsg. Evelin Wittich, Dietz Vlg Bln; Auflage: 1 (19. Mai 2016)
[5] Der Malus sylvestris ist als Wildpflanze vom Verschwinden der ‚Commons’ bzw Allmenden und der kleinbäuerlichen Betriebe betroffen, da er besonders gern am Waldrand wächst. Durch die großflächige Monokultur-Landwirtschaft ist er in Europa vom Aussterben bedroht.
[6] Diese Sorte wurde von den Barnimer Baumschulen anlässlich des Reformationsjubiläums entwickelt. Http://www.martin-luther-apfel.de/index.php?page=apfel
[7] Dieser Satz wurde nachweislich zuerst im Oktober 1944 in einem Rundbrief der hessischen Landeskirche verwendet. Siehe: Martin Schloemann, Luthers Apfelbäumchen?: Ein Kapitel deutscher Mentalitätsgeschichte seit dem Zweiten Weltkrieg. Pro Business, 2. Auflage 2016; sowie: Alexander Demandt: Über allen Wipfeln – Der Baum in der Kulturgeschichte. Böhlau-Verlag 2002. S. 211 f.
[8] Caliban and the Witch: Women, the Body and Primitive Accumulation. Brooklyn, NY: Autonomedia, 2004; Caliban und die Hexe. Frauen, der Körper und die ursprüngliche Akkumulation. Aus dem Engl. v. Max Henninger. Mandelbaum Verlag, Wien 2012
[9] Silvia Federici, Feminism und the Politics of the Commons, in: Uses of a WorldWind, Movement, Movements, und Contemporary Radical Currents in the United States, Hrsg. Craig Hughes, Stevie Peace und Kevin Van Meter for the Team Colors Collective, Oasklund: AK Press, 2010.
[10] Die Genehmigung wurde uns freundlicherweise von der Rosa-Luxemburg-Stiftung erteilt.